Erfahrungsbericht: Das Podokonioseprojekt
Anna Sommerfeld aus Berlin berichtet: Die Bekämpfung der Podokonniose wird in unserer Partnergemeinde Chanka mit großem Erfolg von einer Selbsthilfegruppe betrieben.
Wir hatten das große Glück im Oktober 2015 mit einer Reisegruppe aus Lehrern und Schülern, Partnern aus Kirchgemeinden und Engagierten, das wunderschöne Land Äthiopien zu besuchen. Unser Anliegen bestand auch darin, Hilfsprojekte näher kennen zu lernen und Partner zu besuchen.
In Chanka, ca. 500 km westlich von Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba, trafen wir auf Dorfleute, die das Podoprojekt mit großer Begeisterung mittragen. Hier wird, angeleitet durch Podo e.V., wirklich Hilfe zur Selbsthilfe geleistet. Obbo (Herr) Etana Terfa leitete diese Gruppe an; nun arbeiten alle schon eigenständig. Christel Ahrens vom Podo e.V. hat hier Vorbildliches geleistet.
Es hat sich dort eine kleine, aktive Gruppe gebildet. Diese schreckliche Fußkrankheit kann mit einfachen Mitteln behandelt werden. Notwendig sind dafür die „großen 5 S“‘: Seife, Socken, Schuhe, Salz und Salbe.
Mit großer Freude konnten wir miterleben, wie medizinische Seife hergestellt wurde. Einige von uns rührten die Seife; ein aufwändiger ein bis zwei Stunden dauernder Prozess. Die Inhaltsstoffe kann man kaufen: Öl (ist in großen Mengen nur auf Bezugsschein erhältlich) und Natronlauge (NaOH), die dann langsam miteinander vermischt werden. Dann wird noch ein Sud von Blättern mit medizinischer Wirkung beigemengt. Die ätzende Masse wird in Kästen gegossen, um lange Zeit zu trocknen und später in Stücke geschnitten zu werden. Diese Seife wird an Menschen mit Podo verkauft. Es ist wichtig, dass die Bedürftigen dafür etwas zahlen, denn wofür sie Geld aufbringen, welches ihnen rar ist, haben sie eine andere Wertschätzung. Die Seifenproduktion in Chanka bietet Frauen eine Beschäftigung und einen Nebenerwerb. Ein weiterer Vorteil ist, dass sich Transportwege erübrigen.
Zur Behandlung der Krankheit gehört es, die geschwollenen, entzündeteten Füße mit Seife, Wasser und Salbe zu behandeln. Dann sollten Schuhe und Socken getragen werden, um die Haut vor den im Boden befindlichen Silikaten zu schützen. Die Gemeinde in Chanka denkt darüber nach, eine Schuhproduktion zu initiieren; eine gute Idee und es wäre ein großer Zugewinn für die Entwicklung in der Gemeinde.
Am Samstag, den 24. Oktober 2015, ging eine kleine Gruppe von unser Berliner Reisegruppe in einen entlegenen Ortsteil von Chanka; wir hatten ca. eine Stunde Fußweg dorthin. Wir hatten die Möglichkeit, dort auf eine Selbsthilfegruppe zu treffen, die ihre Erfahrungen und Erfolge miteinander teilten. Die Betroffenen, ca. 20 Männer und Frauen im Alter ab 20 Jahren, erzählten, wie schmerzhaft diese Krankheit ist. Es fängt mit Kribbeln und Taubheitsgefühl in den Füßen und Beinen an. „Das Fleisch brennt“ und sie fühlen „Jucken und starke Schmerzen in den Oberschenkeln.“ Dieser Zustand dauert meist Jahre an. Daher ist es wichtig, zu erfahren, was die Gründe für diese Krankheit sind, und dass sie zu behandlen ist. Hier wirkt keine Hexerei, sondern Medizin, hier sind Ausdauer und Disziplin gefragt.
Ein großes Problem ist die Stigmatisierung. Ich war dabei, als die Dorfbewohner von ihren Erfahrungen berichteten, auch von der Ausgrenzung, weil die Füße bei fortlaufender Krankheit zu stinken beginnen. Sie erzählten von eigenen Erfahrungen und den großartigen Erfolgen bei entsprechender Behandlung. Christel Ahrens bildet junge Äthiopierinnen und Äthiopier aus, die dann auch in Schulen lehren und Wissen vermitteln, denn Wissen baut Vorurteile ab.
Am Montag, den 26. Oktober 2015, begleitete Obbo Etana, der Podo-Koordinator in Chanka, eine kleine Gruppe von uns zu einem Schulbesuch mit dem Ziel, Wagari Beka, einem 25-jährigen Podo-Mitarbeiter, beim Unterricht in einer Schulklasse beizuwohnen. Auch wenn die Schülerinnen und Schüler noch nicht das Alter für die Erkrankung an Podokoniose haben, können sie in Familien und ihrem Wohnumfeld über die Krankheit und von den Heilerfolgen berichten.
Wir konnten miterleben, wie dieser Krankheitsverlauf auf die Gemeindearbeit wirkt. Vor einigen Jahren waren die Betroffenen mit den stinkenden Füßen ausgegrenzt; heute sind sie integriert, denn der schlechte Geruch ist verschwunden. Manche von Podo betroffene Menschen sind nun zu Multiplikatoren der Podo-Arbeit geworden.
Es gibt Seifen- und Salbenherstellungen, Zukunftspläne für Schuhmanufakturen und Logistika. Gemeinden und Sozialstationen sind wichtige Kommunikationszentren. Wir sehen hier ein sehr positive Entwicklung von der Anleitung „von Außen“ zur Selbsthilfe. Trotzdem wird die Hilfe von der Partnergemeinde und Podo e.V. noch wichtig sein.
Anna Sommerfeld
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